Gassen ist ein Bergbauerndorf, es liegt in 1600m in den hohen Tauern von Osttirol. Der einst blühende Weiler wurde 1965 schlagartig zum Geisterdorf. Ein Erdrutsch zerstörte damals zwei Häuser und tötete sechs Menschen. Daraufhin verließen die Gassener ihre Heimat. Seit 36 Jahren lebt dort nur noch ein altes Geschwisterpaar, die Letzten von Gassen. Seit 36 Jahren warten sie auf die Rückkehr ihrer Nachbarn. Keine Straße, nur ein steiler Fußweg und eine windschiefe Materialseilbahn führen in den uralten Weiler mit den einsamen Geschwistern.
Der Dornröschenschlaf könnte nun zu Ende sein. Eine neue Generation ist herangewachsen, die Angst vor einer Mure ist überwunden. Die Geschichte meiner Protagonisten ist mit Gassen verknüpft. Lebensablauf und Schicksal sind sehr stark von der Landschaft geprägt. Die Steilheit drückt allem seinen Stempel auf. Im Falle von Chrysanth und Maria freilich auch durch die Katastrophe. Im Falle unseres Hoteliers ist die Steilheit wirtschaftliche Existenzgrundlage.
Aber auch das Freizeitverhalten ist vom Steilen geprägt. Jeder meiner Protagonisten ist ein spitzenmäßiger Rodler, Bob- oder Schifahrer. Sigmund war sogar Landesmeister im Rodeln, und Chrysanth ist Vereinsmeister der Senioren im Schibobfahren. Er rodelt mit dem Schibob täglich von seinem winterlichen Arbeitsplatz im Schigebiet direkt vor seine Haustür im Tal. Er tut das in einem atemberaubenden Tempo, aber mit altersgemäßer, aufrechter Würde ...
4 Jahre lang begleitete die, 2002 mit dem Max Ophüls Preis ausgezeichnete Regisseurin Barbara Gräftner vier Familien und schuf ein beeindruckendes Dokument über diese Schicksalsgemeinschaft im Osttiroler Defereggental. Der Film wurde 2005 mit der ROMY für den besten Dokumentarfilm ausgezeichnet.